Ein zweites Mal in diesem Jahr möchte ich einen technischen Erfahrungsbericht mit euch teilen. Es geht um einen guten Stativkopf für längere Brennweiten von 600-1200mm. Das ist sicherlich ein Randthema der Naturfotografie, doch bei den Themen zu denen ich ohnehin regelmäßig gefragt werde, schreibe ich lieber einmal einen Bericht und versende dann künftig nur noch einen Link 😉 Nebenbei kann man die Dinge dann wesentlich differenzierter betrachten.
Erstmal vorweg: wozu brauche ich eigentlich einen guten Stativkopf?
Viele Tiere kann man sehr gut freihand fotografieren, insbesondere im Brennweitenbereich von echten 200-600 und gerade im unwegsamen Gelände oder bei Tieren, bei denen die meiste Zeit für eine aktive „Pirsch“ drauf geht statt fürs Fotografieren. Auch als ich im Oktober Seeadler vom Boot fotografiert habe (ca.300mm), tat ich das natürlich freihand.
Außerdem werden die Bildstabilisatoren immer besser, insofern klappt das wirklich gut. Desweiteren macht die Freihand-Fotografie dort Sinn, wo sehr unterschiedliche Tierarten in unterschiedlicher
Größe und Geschwindigkeit auftreten können, hier wäre mir z.B. ein stark gedämpfter Fluidkopf viel zu träge.
Abseits dieser Einsatzbereiche ist ein sehr „smooth“ schwenkender Stativkopf hingegen klar von Vorteil.
Ich persönlich nutze einen solchen bei längeren und weniger spontanen Bird-in-Flight-Sessions, bei schwimmenden oder laufenden Wasservögeln sowie bei allen Arten von Videoaufnahmen, vor allem mit 840mm Brennweite. Nicht dort, wo ich immer wieder schnell nach vorne, hinten, rechts und links meinen Standort anpassen muss. Sondern immer dann, wenn die Flug-, Schwimm- oder Laufrichtung für einigermaßen vorhersehbar ist und wenn ich sehr stationär von einer Stelle über einen längeren Zeitraum fotografiere.
Je sauberer ich bei dieser Art der Fotografie mitschwenke, desto geringer ist einfach der Ausschuss, weil sich z.B. das Motiv nicht zu nah am Bildrand befindet. Es geht weniger darum, dadurch die Bildschärfe zu steigern, denn wenn ich z.B. bei einer 2500stel eine Seeschwalbe fotografiere, wird das i.d.R. auch freihand scharf. Was nutzt aber ein scharfes Bild, wenn die Schwalbe fast schon aus dem Bildrand fliegt?
Das gilt etwa für solche Aufnahmen auf Texel aus dem letzten Jahr, wo ich mehrere Stunden lang mit 840mm Brandseeschwalben fotografieren konnte und ich froh war einen Fluidkopf dabei zu haben. Die Vögel hatten dabei meist die gleiche Flugroute und ich konnte ohnehin nur von einer Stelle aus fotografieren. Freihand ist dann bei 2-3 Stunden Dauer und 840mm wohl eher keine Option mehr 😅 Geht das auch ohne perfekten Stativkopf? Definitiv Ja! Doch mit einem guten Kopf hat man weniger Ausschuss und meines Erachtens mehr Spaß.
Doch noch häufiger brauche ich es persönlich bei Bewegungen der Tiere im Wasser oder an Land: etwa bei Hauben- und Zwergtauchern, Säbelschnäblern, Austernfischern, Steinwälzern, allen Enten- und Gänsearten, bei Reihern, Rotschenkeln, Uferschnepfen, Löfflern, und vielen mehr. Gerade bei 600-840mm und noch ganz weichem Licht wird das saubere Mitschwenken entscheidend.
Ich habe übrigens die Erfahrung gemacht, dass man beim bloßen Blick durch den Sucher schnell meint, präzise und flüssig mitzuschwenken. Die Unterschiede werden häufig erst beim Betrachten des Bildergebnis am Monitor klar. Oberflächlich betrachtet lassen sich einige der gleich folgenden Stativköpfe flüssig schwenken, beim Blick durch den Sucher erkennt man keine auffälligen Ruckler, gerade bei schnelleren Schwenks. Der Schein trügt da aber häufig.
Es gibt auch einen „Selbsttest“, wie flüssig und gedämpft ein Neiger schwenkt. Dazu einfach mal an einem See eine langsam schwimmende Ente auf circa 600-840mm Brennweite im Sucher fokussieren. Nicht zu großer Abbildungsmaßstab, sondern sagen wir die Ente nimmt ein Viertel der Bildlänge ein. Dann einfach das kleinste AF-Feld aktivieren und wenn sie etwa von links nach rechts schwimmt, versuche mal über 10 Sekunden das AF-Feld exakt (!) auf dem Auge des Vogels zu halten. Anschließend diese Übung nochmal mit einem Sachtler-Fluidneiger wiederholen und dann beantworten sich viele Fragen von selbst.
Das Haubentaucherbild ist ein gutes Beispiel dafür: schwenke ich nur ein ganz klein wenig zu weit rechts, ist der Taucher zu nah am Bildrand, gleiches gilt für einen Schwenk nach oben, das Bild wäre unbrauchbar und bei einem Schenk nach links wäre er direkt zu weit in der Mitte. Gerade bei dieser Szene wäre das sehr ärgerlich.
Der Grund warum ich oben übrigens auch das Video-Thema genannt habe und ausbauen möchte, ist folgender: Zum einen finde ich Zeitlupen von Actionaufnahmen total faszinierend, wenn sie gut gemacht sind. Bei Instagram beispielsweise bleibe ich immer wieder an solchen Videos hängen. Zum anderen ist mir die letzten beiden Jahre aufgefallen, dass ich interessanten Tieren regelmäßig sehr nahe zu sehen bekomme, mich jedoch häufig irgendwas im Habitat stört oder das Bokeh gerade aufgrund des Standortes des Tieres nicht super aussieht. Fotografisch habe ich dann wenig Interesse und löse gar nicht erst aus, sondern warte bis sich das Tier wieder dorthin begibt, wo das Bokeh perfekt ist.
Obwohl also das Licht gerade schön ist, ich mein Equipment perfekt eingestellt habe, meine Perspektive bodennah ist und die Tiere gerade Action zeigen, entsteht dann Leerlauf für mich. Das finde ich schade. Im Video hingegen stören mich solche Kleinigkeiten im Bokeh wenig. Künftig möchte ich somit diese Leerläufe filmisch nutzen und meine Beobachtungen besser einfangen.
Nun zur Sache: der perfekte Stativkopf
Um euch direkt einmal zu desillusionieren: DEN perfekten Kopf gibt es natürlich nicht. Der perfekte Kopf würde die Haltekraft eines sehr guten Kugelkopfes haben, sich mit nur einem Hebel arretieren lassen, sich gleichzeitig so weich bewegen wie ein sündhaft teurer Fluidkopf, hätte eine 2-Wege-Option, eine Nivelliermöglichkeit oberhalb der Stativbasis und würde vielleicht 500gramm wiegen. Fast gibt es ihn, aber knapp daneben ist bekanntlich auch vorbei. Es gibt aber mit Sicherheit einen Stativkopf der gut -und besser als andere- zu Dir passt.
Da ich über die letzten Jahre fast alle zur näheren Auswahl stehenden Arten (nicht Modelle) von Stativköpfen besessen habe, möchte ich meine Erfahrungen teilen.
Seit 2009 arbeite ich nun mit großen Festbrennweiten (damals beginnend mit einem 500/4 Canon Version1). Schon damals stellte sich das erste Mal die Frage nach einem passenden Stativ und Stativkopf. Stativseitig war das schnell beantwortet: das non plus ultra waren damals die Gitzos, mindestens ein „3er“, am besten ein „5er“ (zu Beginn gab es die 4er Serie noch nicht). Mit ein wenig Glück kam ich günstig heran. Beim Kopf allerdings schieden sich die Geister, damals wie heute gab es ein breites Spektrum.
Nun kam was kommen musste: man meint ja immer durch besonders clevere Entscheidungen Geld sparen zu können und ignoriert das altbekannte Motto „billig gekauft ist zweimal gekauft“. Ich liste in der folgenden Tabelle mal spaßeshalber chronologisch auf, was ich wie lange im Bereich der Tierfotografie genutzt habe. Da sind die ganzen Kugelköpfe etc die ich in der Landschaftsfotografie benutzt habe, noch gar nicht enthalten.
Eine Anmerkung vorab: beim Sachtler FSB8 hätte ich einfach aufhören bzw. ihn nicht verkaufen sollen, jedoch fokussierte ich mich damals circa 3 Jahre sehr auf die Landschaftsfotografie und verkauft meine Teleausrüstung - nicht ahnend, dass ich später wieder einsteige. Hier also die chronologische Reihenfolge:
Nun möchte ich euch eine kurze Einschätzung der Stativköpfe geben. Allerdings folgen jetzt keine 11 differenzierten Reviews, sondern eine stichwortartige Zusammenfassung, warum ich schließlich beim aktuellen Kopf gelandet bin.
Kurzbewertung:
1. Sidekick: sicherlich ein guter Einstieg mit geringem Packmaß, wenn man bereits einen guten Kugelkopf hat. Ich bin schließlich auf einen Gimbal umgestiegen, da die Flüssigkeit der Schwenks aufgrund des hohen Gewichtes meiner Ausrüstung unzufriedenstellend war, der Gesamteindruck war leicht wackelig.
2. Gimbal: Der Klassiker im Bereich der Telefotografie. Hatte auch kurz den original Wimberly, habe jedoch keinen nennenswerten Unterschied zum Benro gespürt. Sehr stabil und für schnelle Positionseinnahmen genau richtig. Flüssigkeit der Bewegung besser als beim Sidekick, dennoch nicht optimal. Erst letzte Woche habe ich nochmal „notgedrungen“ ein neueres Modell aus Carbon genutzt und finde die Lösung nach wie vor nicht gut. Packmaß/Form außerdem sperrig.
3. Fluid/Teflonneiger: durchaus flüssige Bewegung, jedoch immer noch nicht leicht arretierbar, außerdem stets ein Widerstand spürbar, hielt die Position nicht perfekt bei statischen Motiven in einem höheren Winkel.
4. Zweiwegeadapter Kugelkopf: gibt es z.B. auch von Novoflex, ich hatte den Markins: Klein, handlich, all-in-one Lösung mit dem Markins Kugelkopf. Arretierbar mit nur einem Hebel/Knauf, jedoch weit von sehr präzisen und flüssigen Bewegungen entfernt. Allerdings in meinen Augen stabiler als ein Sidekick.
5. 3-Wege-Neiger Pegasus: super stabil, schnelle Positionseinnahme, sogar seitlich klappbar, was beim bodennahen Arbeiten gut war. Am Ende der Nutzungsdauer hatte ich dann die Chance einen Sachtler FSB zu testen und erkannte, dass der Pegasus klar von der flüssigen Bewegung und optimalen Dämpfung eines solchen entfernt war. Gerade bei Wasservögeln und Flugaufnahmen fehlte mir das.
6. Fluidneiger Sachtler FSB: Schwer, sperrig, Zusatzadapter notwendig und teuer. Performance dafür top, mit sehr flüssigen Bewegung und 1A-Dämpfung. Hält die Position beim Loslassen sehr gut, wenn man möchte (hohe Relevanz je nach Motiv).
7. Novoflex-Kugelkopf: hier haben mir gleich mehrere Dinge nicht gefallen, ich möchte aber kein Bashing betreiben, denn Novoflex hat eigentlich gute und verlässliche Produkte. Im Vergleich zu meinem vorhergehenden Markins q20i war ich unzufrieden und habe mir nach einigen Tagen der Nutzung einen RRS (neuere Generation) schicken lassen und im direkten Vergleich war der Novoflex aus meiner Sicht nachteilig
8. RRS-Kugelkopf: für einen Kugelkopf ist der RRS BH-55 wirklich extrem stabil und meistert sehr leicht schwere Ausrüstungen. Mit etwas Übung passierte es mir auch gar nicht mehr, dass er bei Schwenks abknickt. Jedoch Flüssigkeit der Bewegung noch nicht ideal, außerdem war natürlich der Horizont auf meinen Aufnahmen häufig schief da nicht nivelliert.
9. Kugelkopf-Tele-Neiger Uniqball: das war ein cleveres Teil! Habe ich nur 5 Monate besessen, aber recht viel eingesetzt: aus meiner Sicht ein guter Kugelkopf und ein guter Tele-Neiger in einem. Baut sehr niedrig auf (klasse!) und ist sehr stabil. Der Hebel hat mich nicht so überzeugt wie der RRS-Knauf. Als all-in-one Lösung m.E. die beste Option und für Reisen ideal, deutlich praktikabler als der Pegasus und performanter als die Kugelkopf-Zwei-Wege-Adapter. Flüssigkeit der Bewegung konnte aber gerade bei 600-840mm Brennweite nicht mit Sachtler Fluidneigern mithalten (siehe Testverfahren oben; wenn das der Fall wäre, könnte Sachtler die Bude auch dicht machen 😅)
10. Fluidneiger Sachtler ACE: wirklich ein sehr gutes Preisleistungsverhältnis. Deutlich leichter als der FSB8. Gute Dämpfung, aber bei viel Brennweite oder bei Videos wurde der Unterschied zum FSB8 schon deutlich. Im Bereich 200-500mm hätte er völlig ausgereicht. Hält je nach Winkel auch nicht die Position wie beim FSB (total entscheidend z.B. bei den Uhus am Steinbruch, daher habe ich dort auch meinen für die Landschaftsfotografie vorgesehenen RRS-Kugelkopf benutzt).
11. Sachtler Fluidneiger Aktiv8: Gewicht auf FSB8 II Niveau, ebenfalls hochpreisig. Performance m.E. leicht über FSB8-Niveau (vielleicht war der FSB8 II auf gleichem Niveau, ich hatte nur den MKI) Deutlich Bessere „Usability“ durch niedrigeres bodennahes Arbeiten, Nivellierung direkt am Kopf, gespiegelter Wasserwaage (richtig gut gelöst) und Quicksnap-Funktion zum Abnehmen. Geniale Dämpfung und hält jede Position perfekt, wenn ich die Hand wegnehme.
Danke an dieser Stelle auch an den Naturfotografen Dieter Damschen, der mir hier mit einem eigenen Erfahrungbericht den letzten Stups gegeben hat 🖐
In Summe habe ich für die Kombo Aktiv8 plus flowtech75 übrigens für 2.345,- bezahlt, Sachtler bietet hier Bundles an, die spürbar unterhalb der Summe der Einzelpreise liegen. Die 5er Gitzo/FSB8 II-Kombo kostete mehr. Hier ein Bild davon:
Übrigens gibt es mittlerweile noch eine weitere Hybrid-Art, nämlich einen „Fluid-Gimbal“, ich kann allerdings nichts zur Performance sagen und die Abmessungen sind recht sperrig.
Ich möchte jetzt noch etwas genauer erläutern, warum ich zu der letztgenannten Variante gegriffen habe, daher noch 2 Vergleiche zu den Alternativen, die in meinen Augen am naheliegendsten waren.
A. Vergleich zur typischen bisherigen high-end-kombo (Gitzo 54XXLS plus Sachtler FSB8 MKII):
Die Gitzo-FSB8-Kombo baut gegenüber der Sachtlerkombination mit dem flowtech75 höher auf. Dieser Effekt wird beim bodennahen Arbeiten noch dadurch verstärkt, dass das Gitzo nicht komplett flach liegt, da sich dort ja die Nivellierungsvorrichtung (Sternschraube) befindet und diese minimal freiliegen muss. Das Flowtech bekommt man komplett auf den Boden und da die Nivellierung „oberhalb“ direkt am Kopf stattfindet, ist die Aktiv/flowtech Kombo niedriger und auch viel besser zu bedienen. Hier mal ein Bild von oben (neben dem Sachtler als Vergleich meine bisherige Kombo mit dem Sachtler ACE):
Und hier der Blick vom Boden aus: selbst der deutlich einfachere Sachtler ACE (rechts) baut höher auf und man erkennt auch das Problem des Gitzos – in der Position kam ich immer unheimlich schlecht an die Sternschraube zum Nivellieren. Und das Stativ hochzuheben ist bei einem Nivellierungsvorgang irgendwie sinnfrei 😅, das war immer ein Gefummel.
Die „Klappfüße“ des flowtech kann man übrigens mit einem Hebel binnen einer Sekunde abmachen und genau so schnell wieder montieren, das ist clever gelöst. Darunter befinden sich Spikes:
Außerdem ist die patentierte flowtech-funktion des Stativs genial, wenn man sie einmal verinnerlicht hat. Nach der Erfahrung der ersten Wochen sollte man nur auf eines achten: wenn man das Stativ auf voller Länge ausfahren möchte, sollte man es erst hinstellen, die Bügel öffnen und dann nicht ruckartig nach oben ziehen. Wenn man nämlich die Beine von oben einfach runter schnellen lässt, ist es in meinen Augen etwas zu laut und kann Tiere verschrecken, das muss man einfach nur wissen.
Die Länge der Beine (60cm) ist gleich bzw je nach Gitzo Modell (60-68cm) sogar kürzer. Es passt somit auch gut in den Koffer, falls man mal fliegen möchte.
Beim Gewicht vertut man sich schnell: das Flowtech kann man sehr gut ohne Mittelspinne benutzen (Filmer nutzen diese), diese ist jedoch bei den offiziellen Gewichtsangaben inkludiert. Das flowtech wiegt somit samt Kopf genau so viel (5,6kg) wie das Gitzo mit dem FSB8 MII und der obligatorischen Sternschraubenkonstruktion für`s bodennahe Arbeiten. Wenn man wie ich dieses Stativ ausschließlich für die „stationäre Tierfotografie“ nutzt, wo ich nicht kilometerweise Erkundungstouren mache, ist das die performanteste Lösung. Wenn ich aber z.B. Blaukehlchen auf Texel fotografiere, wo ich erstmal lange suchen muss, dann greife ich zu meinem 3er Gitzo mit RRS-Kopf, zumal ich bei einem Blaukelchen ja auch nicht flüssig schwenken muss, so wie die letzten beiden Jahre in Holland:
Schlussendlich gefällt mir auch dieses Feature: die gespiegelte und beleuchtete Wasserwaage des Aktiv8 Kopfes - wenn ich voll ausgefahren im Stehen fotografiere, ist es sehr angenehm, hier konnte ich mit dem früheren FSB teils nur ungenau die Nivellierung vornehmen, weil das bei einer Wasserwaage schwierig ist, wenn man nicht exakt von oben drauf schaut.
B. Vergleich zu einem 5er Gitzo mit Uniqball:
Auf dem Blatt ist der Uniqball DIE eierlegende Wollmilchsau und z.B. die beste Option auf Reisen oder für langere Wanderungen, ich habe damit wirklich gerne fotografiert und denke, er ist für Reisen wirklich stark. Für m(ein) genaues Fazit schauen wir jetzt aber mal ganz genau hin. Denn in meinen Augen ist das in der Tierfotografie in den einzelnen Situationen wie folgt: entweder es ist gerade ein sehr guter Kugelkopf oder einen sehr guter Fluidneiger von Vorteil, oder man kann freihand fotografieren. Ich sehe persönlich selten Orte/Motive, bei denen die Kombination aus Kugelkopf und Neiger erforderlich ist.
Ich suche jetzt mal bewusste die mögliche Ausnahme. Nehmen wir die Gams-Fotografie in den Vogesen. Die Vogesen sind nämlich tatsächlich einer der ganz wenigen Spots, wo ich Tier- und Landschaftsfotografie während einer Session betrieben habe und lange Strecken gelaufen bin. Also schied für mich persönlich ein schwerer Fluidkopf aus. Aber bringt mir der Uniqball hier solche Vorteile gegenüber einem Kugelkopf? In diesem unwegsamen Gelände und bei der Schnelligkeit der Situationen finde ich: nein. Nehmen wir dieses Bild:
Diese Gams lief morgens zum Sonnenaufgang ganz plötzlich und ohne Voranzeichen hinter mir einen Hang hoch. Noch während ich mich umdrehte, beschleunigte sie deutlich. Ich fotografierte eigentlich den Hang herab und musste das Stativ nun ganz schnell hinter mich stellen: ich kann in einer solchen Situation, die vielleicht 8 Sekunden dauerte, nicht mit einem möglichen Uniqball noch die Nivellierung für die 2-Wege-Nutzung durchführen und würde ihn dann ohnehin nur als Kugelkopf nutzen. Somit nutzt mir das „USP“ des UB wenig. Bei den Gämsen hat mir ein Neiger in keiner Sekunde gefehlt, der RRS schwenkt unnivelliert mindestens so gut wie der UB und ab und zu habe ich auch freihand fotografiert.
Weiteres Beispiel waren die vielen Sessions bei den Uhus im letzten Jahr. So wie in dieser Szene, wo dieser Jungvogel vielleicht 3 Minuten dort saß, ich aber circa 8 mal die Position und Höhe des Stativs wechselte bis das Bild endlich harmonisch aussah:
In den wenigen guten und meist sehr kurzen Momenten, wenn sie mal vom Steinbruch runter kamen, musste ich ständig die Stativposition- und Höhe optimieren um eine wirklich gute Bildkomposition zu erhalten. Ich kann in dieser kurzen Zeit weder das Stativ exakt ausrichten noch die Nivellierungs- und 2-Wege-Möglichkeiten eines Uniqballs nutzen, da geht unnötig Zeit verloren und das Bild hab ich auch mit nem Kugelkopf im Kasten und kann -wenn das Tier noch da ist – lieber noch schnell eine ganz andere Perspektive 20 Meter weiter austesten. Man kann diese Szene also mit allen Köpfen gut fotografieren, auch mit dem Uniqball und dem Fluidkopf, aber eben nicht nivelliert. Beim Fluidkopf müsste man natürlich die Stativschelle lösen.
War man hingegen auf Flugaufnahmen aus, dann wäre wieder der Fluidneiger die optimalere Wahl - die meisten Flugszenen spielten sich ohnehin hoch am Steinbruch ab und waren dann kaum mit 8 Positionswechseln in 3 Minuten verbunden 😃
Und ich war ja jetzt noch gar nicht bei den Stärken des Sachtler-Fluidkopfes gegenüber dem Uniqball. Die Dämpfung des Sachtler ist besser. Aber nur bei genauem Hinsehen, gerade wenn man ihn aber mal auf 600 oder 840mm Brennweite genutzt und ein Video mit einem langsamen Schwenk gefilmt hat, sah man den Unterschied später am Rechner, bei 840mm deutlich. Hier fehlte dem Uniqball die letzte Dämpfung einer Fluid-Technik, weshalb ich dann wieder auf einen Sachtler wechselte. Am Ende bevorzuge ich also aktuell den „Spezialisten“ und weniger den guten Kompromiss.
Wenn jemand allerdings auf Flugreisen geht, auf keinen Fall zwei Stative mit nehmen möchte, die Tierfotografie im Vordergrund steht, längere Touren geplant sind, aber auch andere Genre ausgeübt werden, genau dann würde ich hier eine Empfehlung pro Uniqball aussprechen. Es ist ein toller Allrounder!
Fazit
Mit einem kleinen Augenzwinkern möchte ich mal folgenden Vergleich einbringen, den ich eigentlich ganz treffend finde: man kann sich heute guten Gewissens Allwetterreifen kaufen, gerade bei uns „im Westen“ 😉 Ich persönlich jedoch habe mich dagegen entschieden und fahre mit Sommer- oder Winterreifen, ganz nach Bedarf 😅
Es ist im Fotobereich eigentlich so wie immer: die letzten wenigen % an Leistung bezahlt man mit hohem Gewicht und Preis. Brauch man eine solche schwere Ausrüstung? Nicht wirklich. Aber wenn man sie hat macht es schon sehr viel Spaß. Ich bin nicht der Typ Fotograf, der mal losläuft und noch nicht weiß, ob er einen Schmetterling, einen Vogel oder eine Landschaft fotografieren wird, daher benötige ich persönlich aktuell keine all-in-one-Lösung. Deshalb habe ich letztlich 2 Stative im Auto liegen.
Somit komme ich zu diesem Fazit:
Für ruckelfreie Videos kann ich ausschließlich Fluidköpfe empfehlen.
Für die Telefotografie empfehle ich aktuell für all jene, die regelmäßig Brennweiten um 800mm benutzen, einen Kugelkopf und einen Fluidneiger für die spezialisierte Lösung oder eben einen Uniqball als all-in-one-Lösung.
Aktuell nutze ich die erste Variante und wenn mir die zwei Stative eines Tages auf den Keks gehen, gehe ich wieder auf eine Technik wie dem Uniqball zurück. Mal schauen, was es bis dahin noch so Interessantes gibt 😃
So viel zu meinen Erfahrungen, ich hoffe euch hat das weiter geholfen!
Viele Grüße, Thomas